17.06.2021, Medienmitteilung

10 Jahre UNESCO-​Welterbe «prähistorische Pfahlbauten» in Zug

Der Kanton Zug beherbergt drei Pfahlbausiedlungen, die seit zehn Jahren zum UNESCO-​Welterbe gehören und damit zu den bedeutendsten archäologischen Kulturgütern der Welt. Dieser Geburtstag wird am 26. / 27. Juni mit einem Infostand auf dem Landsgemeindeplatz gefeiert. Die Dauerausstellung im Museum für Urgeschichte(n) vermittelt zudem Einblicke in die faszinierende Welt der Pfahlbauer, darunter sind auch viele Objekte aus den drei Zuger UNESCO-​Welterbe-Stätten zu bestaunen. Ab August 2021 ist eine Sonderausstellung den rätselhaften bronzezeitlichen «Mondhörnern» gewidmet.

Bei der Zuger Archäologie steht der Juni im Zeichen des 10-​Jahre-Jubiläums UNESCO-​Welterbe «Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen». Dies, weil der Kanton Zug mit drei Pfahlbau-​Stationen einen direkten Bezug dazu hat: «Oterswil», «Riedmatt» und «Sumpf» (alle Gemeinde Zug). Die drei Fundstellen haben durch ihre Aufnahme ins UNESCO-​Welterbe im Jahre 2011 den gleichen Status erhalten wie beispielsweise die Pyramiden in Ägypten, die Akropolis in Athen oder die Grosse Mauer in China. Ein besonderes Merkmal des Pfahlbau-​Welterbes ist die Tatsache, dass es als einziges unter der Erd- oder Wasseroberfläche liegt und daher nicht direkt zugänglich ist. Das Pfahlbauten-​Welterbe befindet sich zudem nicht – wie beispielsweise die Akropolis in Athen - an einem einzigen Ort, sondern verteilt sich über insgesamt 111 Fundstellen in sechs Ländern (Schweiz, Deutschland, Österreich, Slowenien, Italien und Frankreich).

Pfahlbauten sind zentral für die Erforschung der europäischen Urgeschichte

Optimale Erhaltungsbedingungen machen die Pfahlbauten unter der Erd- oder der Wasseroberfläche zu Fundstellen von besonderer Bedeutung und hoher wissenschaftlicher Aussagekraft. Die Pfahlbauten ermöglichen auch einen faszinierenden Einblick in die Zeit der ersten bäuerlichen Gesellschaften, die schliesslich die Grundlagen der modernen Gesellschaft legten (Ackerbau, Sesshaftigkeit, Tierhaltung, Herstellung von Keramik, Verarbeitung von Metall usw.). Mit keiner anderen archäologischen Quellengattung kann in Europa die Entstehung und Entwicklung jungsteinzeitlicher und bronzezeitlicher Gesellschaften, ihrer Kultur, Wirtschaft und Umwelt detaillierter erforscht werden. Die Pfahlbauten haben eine grosse Bedeutung für die Erforschung der europäischen Urgeschichte. Die schweizerischen Siedlungen nehmen eine Sonderstellung ein, denn sie werden seit dem 19. Jahrhundert wissenschaftlich erforscht und stellen ein Element der nationalen Identität dar.

Zuger Rohstoffhandel gab es schon vor Jahrtausenden

Im Rahmen der Rettungsgrabungen «Alpenblick» bei Cham in den Jahren 2009/10 konnten viele kostbare Funde sichergestellt werden. Darunter befinden sich Gegenstände, die weitreichende kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen in Europa während Jahrtausenden belegen. Aus der Jungsteinzeit stammen Schmuckperlen aus Marmor aus Südfrankreich und die Klingen von Dolchen wurden mit Feuerstein aus Apulien und aus dem Pariser Becken gefertigt. Während der Bronzezeit wurden Schmuckperlen aus Bernstein aus dem Baltikum importiert und die Perlen aus Fayence (einem glasähnlichen Material) aus Frankreich. Rohstoffhandel hat im Kanton Zug somit nachweislich eine jahrtausendalte Tradition.

Wissenschaftliche Auswertung ist bald abgeschlossen

Die Rettungsgrabung war nötig, weil nördlich der bestehenden Überbauung «Alpenblick» in Cham zwei neue Hochhäuser («Alpenblick II») mit einer Tiefgarage erstellt wurden. Deshalb wurden gemäss gesetzlichem Auftrag vor Baubeginn die 5000 Jahre alten Siedlungsreste wissenschaftlich untersucht und die Funde sichergestellt. Für diese Rettungsgrabung hiess der Kantonsrat 2009 fast einstimmig einen Objektkredit von 4,27 Millionen Franken gut. Die Grabung begann im Juli 2009 und wurde termingerecht Anfang Dezember 2010 beendet. Seither läuft die wissenschaftliche Auswertung, die bald abgeschlossen sein wird. Die Rettungsgrabung übertraf die damaligen Erwartungen. Überreste von fünf prähistorischen Pfahlbaudörfern konnten freigelegt werden, darunter das jüngste Steinzeit-​Seeuferdorf der Schweiz überhaupt.

Aktionen zum 10-​Jahre-Jubiläum in Zug

Den 10-​jährigen Geburtstag des UNESCO-​Welterbes «Pfahlbauten» feiern das Museum für Urgeschichte(n) und das Amt für Denkmalpflege und Archäologie unter Einhaltung von Schutzmassnahmen mit verschiedenen Anlässen und Aktionen:

Infostand auf dem Zuger Landsgemeindeplatz, 26./27 Juni 2021

Am Wochenende des 26./27. Juni 2021 sind die beiden Institutionen jeweils von 10 bis 18 Uhr mit einem Stand auf dem Zuger Landsgemeindeplatz präsent. Dort kann sich die Zuger Bevölkerung bei Fachleuten über das UNESCO-​Welterbe «Pfahlbauten» und über die Archäologie informieren, Originalfunde bestaunen und erfahren, wie und wo man im Kanton Zug in die Zeit der Pfahlbauer eintauchen kann. Für Kinder wird ein spielerischer Zugang angeboten. Der Infostand wird am Samstag, 26. Juni 2021 um 10 Uhr von Regierungsrat Andreas Hostettler, Vorsteher der Direktion des Innern, Regierungsrat Stephan Schleiss, Vorsteher der Direktion für Bildung und Kultur und Stadtpräsident Karl Kobelt feierlich eröffnet.

Pfahlbauer im Museum für Urgeschichte(n)

Die Funde aus den drei Welterbe-​Stationen und aus vielen weiteren Zuger Pfahlbausiedlungen werden im Museum für Urgeschichte(n) ausgestellt. Dort lässt sich in der Dauerausstellung auf vielfältige Art und Weise in die geheimnisvolle Welt der Pfahlbauer eintauchen. Veranstaltungen, Führungen und Vorträge bringen den Alltag der ersten Bauern am Zugersee Menschen jeden Alters auf lebendige Weise näher. Aus Anlass des Jubiläums bietet vom 26. Juni bis Ende Dezember 2021 eine neue Info-​Wand zusätzliche Informationen über die Zuger Welterbe-​Stationen und die Pfahlbauforschung.

Vorankündigung: Ausstellung «Mondhörner - Rätselhafte Kultobjekte der Bronzezeit»

Vom 1. August bis zum 24. Oktober 2021 ist im Museum für Urgeschichte(n) eine Sonderausstellung den rätselhaften «Mondhörnern» gewidmet. Die faszinierenden Tonobjekte stammen aus der späten Bronzezeit und gehören damit in die Zeit der Pfahlbauer. Über ihren Sinn und Zweck zerbrechen sich die Fachleute seit über 160 Jahren den Kopf.

Weiterführende Links

Fotos

Auf der Grabung Rietmann, mehrere Archäologen beim Graben

Fachleute bei den Ausgrabungsarbeiten in der Riedmatt im Jahre 2008. Gut erkennbar sind die liegenden und stehenden Pfähle der früheren Hauskonstruktionen. Die Pfahlbausiedlung «Zug-Riedmatt» gehört zum UNESCO-Welterbe. (© ADA Zug, Res Eichenberger)

Ansicht von oben auf Pfahlbausiedlung Zug--Riedmatt

Rekonstruktion der UNESCO-Welterbe-Pfahlbausiedlung «Zug-Riedmatt» in der Zeit um 3200 vor Christus. Diese zeigt, wie das Gebiet Zug-Riedmatt im Lorze-Delta in der Jungsteinzeit ausgesehen haben könnte. Am rechten Rand des Bildes sieht man die Pfahlbauersiedlung, links steigt der Rauch eines Waldfeuers gegen den Himmel. (© ADA Zug, Eva Kläui Sanfilippo, Eda Gross)

Angeordnete Funde, farbige Perlen und zwei Dolchklingen

Zuger Rohstoffhandel gibt es schon seit Jahrtausenden. Anlässlich der Rettungsgrabungen «Cham-Alpenblick» 2009/10 konnten viele kostbare Funde aus der Jungsteinzeit und der Bronzezeit sichergestellt werden: Schmuckperlen aus Marmor aus Südfrankreich, aus Bernstein aus dem Baltikum und röhren- und sternförmige Perlen aus Glas aus Frankreich sowie Dolchklingen aus Feuerstein aus Italien (gelb) und der Region Paris (dunkelbraun). (© ADA Zug, Res Eichenberger)

Blick in die Ausstellung

Im Museum zu sehen: Nachbau eines spätbronzezeitlichen Hauses und Funde aus der UNESCO-Welterbe-Station Zug-Sumpf (um 1000 v. Chr.). (© Museum für Urgeschichte(n), Res Eichenberger)

Kontakt

Stefan Hochuli

Leiter Amt für Denkmalpflege und Archäologie Zug
Direktion des Innern

+41 41 728 28 55 stefan.hochuli@zg.ch