28.09.2021, Medienmitteilung

Regierung verabschiedet Gesetz für mehr Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung

Zugerinnen und Zuger mit Behinderung sollen möglichst selbstbestimmt leben können. Der Regierungsrat hat deshalb eine Gesetzesrevision verabschiedet. Das Gesetz über Leistungen für Menschen mit Behinderung und Betreuungsbedarf (LBBG) ermöglicht ambulante Leistungen und bringt im stationären Bereich eine zeitgemässe Finanzierung. Die Menschen mit Behinderung profitieren von mehr Lebensqualität. Die Grundlage für das neue Gesetz legte das Projekt «InBeZug» des Kantonalen Sozialamts.

Geht es um ältere Menschen, ist klar: Sie sollen so lange wie möglich eigenständig leben können. Für Menschen mit Behinderung ist das jedoch erst begrenzt möglich – auch heute noch. Es fehlen ambulante Betreuungsangebote. Um das zu ändern, hat der Regierungsrat eine Gesetzesrevision verabschiedet. Diese geht nun bis am 21. Januar 2022 in die externe Vernehmlassung.

Aus dem Gesetz über die sozialen Einrichtungen (SEG) wird das Gesetz über Leistungen für Menschen mit Behinderung und Betreuungsbedarf (LBBG). Damit stehen neu die Menschen statt der Institutionen im Zentrum. Das Gesetz ermöglicht Menschen mit Behinderung vermehrt die Wahl zwischen ambulanter und stationärer Betreuung. Regierungsrat Andreas Hostettler dazu: «Die Gesetzesrevision bringt mehr Chancengerechtigkeit für Zugerinnen und Zuger mit Behinderung. Sie sollen mit der nötigen Unterstützung in der Mitte der Gesellschaft leben können.» Künftig sollen sowohl durch Organisationen erbrachte ambulante Fachleistungen als auch Assistenzleistungen von Privatpersonen entschädigt werden können.

Bedarfsorientierte Tarife statt Pauschalen

Bevor eine Person mit Behinderung Leistungen beansprucht, wird gemeinsam mit der Person abgeklärt, was sie individuell braucht. Hierfür ist künftig eine unabhängige Bedarfsabklärungsstelle zuständig.

Gleichzeitig mit der Stärkung des ambulanten Bereichs wird die Finanzierung der stationären Wohnangebote und Tagesstrukturen zeitgemässer gestaltet. Der Kanton Zug führt mit IBB («individueller Betreuungsbedarf») ein bedarfsorientiertes Abgeltungsmodell ein. Auf IBB setzen mittlerweile alle deutschsprachigen Kantone. An Stelle der alten Pauschalen pro Kopf treten bedarfsorientierte Tarife. Die neue Finanzierung ist besser steuer-​ und kontrollierbar. Für Hostettler ist wichtig, dass die Leistungen und Kosten transparent ausgewiesen werden können. «Die Abgeltung soll die Leistung widerspiegeln, die individuell gebraucht wird.»

Die Grundlage für das neue Gesetz legte das Projekt «InBeZug» des Kantonalen Sozialamts. Zusammen mit Fachleuten und Menschen mit Behinderung wurden neue Ansätze und Modellprojekte in der Praxis erprobt. Dabei orientierte man sich an besonders erfolgreichen Lösungen anderer Kantone und Länder. «Mit dem neuen Gesetz kann der Kanton Zug im Behindertenbereich zu den fortschrittlichen Kantonen aufschliessen», so Hostettler. Mit dem neuen Gesetz ist Zug denn auch in bester Gesellschaft. So setzen beispielsweise auch die Nachbarkantone Luzern und Aargau auf vergleichbare Modelle. Im Kanton Zug stärkt das neue Gesetz zudem die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung auch generell – unter anderem mit einem Aktionsplan des Regierungsrates. Damit soll eine Motion des Kantonsrats umgesetzt werden.

Vorteile für alle

Das neue Gesetz bringt Vorteile für alle. Für Andreas Hostettler ist klar: «Die Heimquote im Kanton Zug ist seit längerer Zeit hoch. Der Ausbau von ambulanten Dienstleistungen ist unumgänglich. So wird das Zuger Angebot zukunftstauglich und wir können sicherstellen, dass die Kosten auch bei steigenden Fallzahlen tragbar bleiben.» Gleichzeitig profitieren die Nutzenden: Die ambulanten Angebote steigern ihre Lebensqualität beträchtlich, wie eine Evaluation des Kantonalen Sozialamts aufgezeigt hat. Ein Nutzer eines Modellprojekts drückte es so aus: «Die Möglichkeit der ambulanten Begleitung hat mein Leben gerettet. Und das meine ich wortwörtlich.» Unisono betonen die ambulant betreuten Personen, wie viel ihnen die Selbständigkeit bedeutet. Auf die Frage, ob es nicht schwierig gewesen sei, aus dem Heim auszutreten, meinte eine junge Frau: «Nein, überhaupt nicht. Schwierig war, als ich damals ins Heim eintreten musste.»

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Auf einen Blick

Zusammengefasst sieht das neue Zuger Gesetz im Behindertenbereich (LBBG) folgende Verbesserungen vor:

Ambulante Angebote: Mit dem neuen Gesetz werden klare rechtliche Grundlagen für ambulante Angebote geschaffen. Künftig sind sowohl Fachleistungen anerkannter Anbieter als auch Assistenzleistungen von Privatpersonen möglich. Auch betreuende Familienangehörige sollen für gewisse Leistungen entschädigt werden können.

Bedarfsabklärung: Eine Bedarfsabklärung ermöglicht den Zugang zu passenden Angeboten und die bedarfsgerechte Zusprache von Leistungen. Eine unabhängige Stelle ermittelt künftig den Bedarf, bevor Angebote beansprucht werden. Dabei wird die Wahlfreiheit der Person geachtet.

Bedarfsgerechter Mitteleinsatz: Heute orientiert sich die Abgeltung der stationären Einrichtungen alleine an deren Aufwänden und nicht am Bedarf der Nutzenden. Das ändert sich mit dem neuen Gesetz: Die Abgeltung der Betreuung wird leistungsgerechter und transparenter. Verschiedene Instrumente stellen die Kostenkontrolle im stationären und ambulanten Bereich sicher, sodass die kantonalen Mittel noch wirkungsvoller eingesetzt werden können.

Förderung der Gleichstellung: Der Regierungsrat beschliesst künftig einen Massnahmenplan zur Behindertenpolitik. Die Direktion des Innern stellt die interdisziplinäre Zusammenarbeit sicher und koordiniert die Behindertengleichstellung.

Kontakt

Andreas Hostettler

Regierungsrat
Direktion des Innern

+41 41 728 31 70 andreas.hostettler@zg.ch