04.05.2022, Medienmitteilung

Eine Deponie blueht auf

Mit der Endgestaltung der ersten Etappe erfährt die Deponie Tännlimoos oberhalb von Sihlbrugg eine umfangreiche Renaturierung. Entstanden sind einzigartige Trockenstandorte und in Kürze werden unzählige Wildblumen das Auge erfreuen.

Die Deponie Tännlimoos oberhalb von Sihlbrugg ist seit 1959 eine Anlage für die regionale Entsorgungswirtschaft. Rund 50 000 bis 100 000 Tonnen Abfall werden dort pro Jahr abgelagert. Abgesehen von den Lastwagentransporten dringt vom Betrieb der Deponie wenig nach aussen. Doch seit zwei Jahren fallen grössere Erdbewegungen ins Auge. Grund dafür ist die Endgestaltung der ersten Etappe, die kurz vor dem Abschluss steht. Was das für die Natur bedeutet, zeigte der Augenschein von heute Nachmittag.

Strenge Sicherheitsanforderungen

Im Gegensatz zu früheren Zeiten, als vielerorts sorglos mit dem Ablagern von Abfällen umgegangen wurde, gelten heute für Deponien strenge Sicherheitsanforderungen. Über deren Einhaltung wacht das Amt für Umwelt in der Baudirektion. Deponien bringen einen Eingriff in die Landschaft, zumindest für die Dauer ihres Betriebs, der wie im Tännlimoos viele Jahrzehnte dauern kann. Umso entscheidender ist darum die Rekultivierung der Deponien, die in Etappen erfolgt. «Mit der Endgestaltung der ersten Etappe werden Flächen, die zuvor für die Deponie benötigt wurden, der Natur mit einem Mehrwert zurückgegeben», erklärte Baudirektor Florian Weber beim heutigen Ortstermin. Was dies konkret bedeutet, zeigte danach der Augenschein bei den neuen Schüttungen, wo im steilen Gelände einzigartige Trockenstandorte entstanden sind. Das rekultivierte Gelände in den flacheren Bereichen dient hingegen künftig wieder der produzierenden Landwirtschaft.

Abfälle möglichst vermeiden

In der Abfallwirtschaft lautet das oberste Gebot, Abfälle möglichst zu vermeiden. Unvermeidliche Abfälle wiederum sind zu verwerten, sei es durch Recycling oder zur Energieerzeugung. Und unverschmutzter Aushub von Baustellen darf zum Auffüllen ehemaliger Kiesgruben verwendet werden. Lediglich das, was nach all diesen Schritten übrigbleibt, muss ohne Umweltgefährdung deponiert werden können. Ein solcher Deponiestandort ist das Tännlimoos. Der Untergrund besteht hier weitgehend aus stabilem Molassefels oder Moränenmaterial und bildet eine natürliche Barriere mit geringer Wasserdurchlässigkeit. Entsprechend gibt es in der näheren Umgebung auch kein nutzbares Grundwasser, das gefährdet werden kann. Nebst diesen optimalen Grundvoraussetzungen gewährleisten zudem umfangreiche bauliche, betriebliche und organisatorische Sicherheitsmassnahmen einen umweltgerechten Deponiebetrieb. Bernhard Brunner, zuständiger Projektleiter des Amts für Umwelt in der Baudirektion, illustriert dies an einigen Beispielen. Sie reichen von baulichen Vorgaben wie Abdichtungen, Schutzschichten und Sickerwasserdrainagen über zahlreiche interne und externe Kontrollsysteme bis zur Überwachung von möglichen Umweltauswirkungen. «All das endet nicht mit dem Ende des Deponiebetriebs, sondern wird über viele Jahre in der sogenannten ‹Nachsorgephase› weitergeführt», betont Brunner.

Das Innere nach aussen gekehrt

Eindrücklich ist der Blick in die Tiefe der Deponieetappe, die aktuell in Betrieb ist. Bei deren Vorbereitung entstanden naturgemäss grosse Mengen an kiesigem, teils sogar felsigem Aushub. Üblicherweise hätte man diesen weggeführt. Doch gleich nebenan stand die Rekultivierung der ersten Etappe an. Die notwendige Abdichtung war erstellt. Nun sollte das Ganze zum Abschluss noch rund einen Meter dick mit sauberem Erdmaterial überschüttet werden. Die Verantwortlichen der Risi AG schlugen vor, dafür das kiesige Aushubmaterial vor Ort zu verwenden. «Das eröffnete die einmalige Chance, grossflächige Trockenstandorte zu schaffen», sagt Martina Brennecke, Leiterin der Abteilung Natur und Landschaft beim Amt für Raum und Verkehr. Solche seien im Kanton Zug Mangelware, da hier vor allem feuchte Lebensräume wie Moore und Gewässer vorkämen. Aber auch sonst würden solche strukturreichen, trockenen Pionierlebensräume und Magerwiesen in der Schweiz immer rarer. 2020 nahm die Risi AG die Rekultivierung an die Hand. Die Böschungen wuchsen rasch, nicht zuletzt auch dank Wetterglück. Viel Aushubmaterial konnte direkt wieder für die Schüttung der Böschungen verwendet werden. «Man kehrte an diesem Ort quasi das Innere nach aussen und macht unmittelbar sichtbar, was vorher in der Tiefe verborgen war», erläutert Martina Brennecke. Da das Material naturgemäss nicht einheitlich ist, entstanden Bereiche mit mehr kiesigen, sandigen oder lehmhaltigen Anteilen. Auch das fördert die Artenvielfalt.

Unterschiedliche Methoden

Die Ansaaten der Magerwiesen erfolgten in mehreren Etappen und auf unterschiedliche Weise. Für einen Teil der Flächen lieferte Gregor Blattmann, Landwirt aus Hausen am Albis und künftiger Bewirtschafter, Schnittgut von artenreichen Wiesen seines Betriebs. Beim Grossteil der Flächen wurden spezielle Mischungen für trockene Magerwiesen und Ruderalflächen mit ausschliesslich Schweizer Ökotypen ausgesät. Da die Böschungen steil und erosionsgefährdet sind, wurde teils auch auf Hydrosaat gesetzt. Dazu wird das Saatgut mit Strohhäcksel und Wasser vermischt und auf die Bodenoberflächen aufgespritzt. In den kommenden Jahren wird zu beobachten sein, wie sich die verschiedenen Flächen entwickeln und es können Erfahrungen für andere Projekte gesammelt werden.

Künftige Pflege muss funktionieren

Bei aller Euphorie galt es stets, auch die Bewirtschaftung im Auge zu behalten, denn die Wiesen müssen künftig regelmässig gemäht werden. Gregor Blattmann war daher bei der Planung immer dabei und stellte die Praxistauglichkeit der Massnahmen sicher. Grössere Steine aus dem Schüttmaterial schichteten die Arbeiter zum Beispiel zu Kleinstrukturen auf. So kommen sie dem Mähbalken nicht in die Quere und dienen gleichzeitig Reptilien oder Insekten als Unterschlupf. Auch die neuen Gehölze wurden vor allem dort gepflanzt. Ein oft unterschätztes Thema ist die Bekämpfung invasiver Neophyten in Deponien. «Hier hat die Risi AG in den letzten Jahren einen grossen Effort geleistet», stellt Blattmann anerkennend fest. Sechsmal pro Jahr sind Zivildienstleistende im Einsatz, teils sogar in Klettermontur, um Pflanzen an den Grubenwänden auszureissen. Dadurch konnten die Neophyten erfolgreich reduziert werden, was nicht nur den Landwirtschaftsflächen im Umfeld der Deponie, sondern nun auch den neuen Magerwiesen in der Deponie zu Gute kommt. Dennoch muss man wachsam bleiben und konsequent eingreifen, denn invasive Pflanzen sind – wie ihr Name besagt – enorm ausbreitungsstark.

«Gelungenes Resultat»

Noch sind die imposanten Böschungen erst lückig bewachsen. Doch bald schon werden sie von unzähligen Wildblumen übersät sein. «Gibt es ein schöneres Beispiel, wie sich unterschiedliche Interessen zu einem rundum gelungenen Resultat vereinigen lassen?», fragt Baudirektor Florian Weber rhetorisch. Mehr Biodiversität sei in aller Munde. Hier sei Dank der ausgezeichneten und langjährigen Zusammenarbeit des Kantons mit der Risi AG etwas Tolles für die Natur entstanden. Dass dies auch von den Deponiebetreibern nicht einfach als Pflicht empfunden wird, macht Mario Engi von der Risi AG und Leiter der Deponie Tännlimoos deutlich. «Mit solchen Aktivitäten können wir aktiv dazu beitragen, seltene Pflanzen und Tiere zu fördern. Darum sollen die neu entstandenen wertvollen Flächen auch als kantonale Naturschutzgebiete langfristig gesichert werden.» Und dies ist erst die erste Etappe. «Denn», sagt Florian Weber: «Die Deponie Tännlimoos wird für mindestens weitere 50 Jahre ein wichtiges Standbein der Zuger Abfallbewirtschaftung bleiben und weitere Renaturierungen erfahren.»

Legenden

Baudirektor Florian Weber erläutert die Entwicklung der Deponie Tännlimoos.

Tännlimoos Deponie-​Leiter Mario Engi (links) zeigt Baudirektor Florian Weber, wie weit sich der aktiv bewirtschaftete Teil der Deponie erstreckt.

Kontakt

Charly Keiser

Kommunikationsbeauftragter
Baudirektion

+41 41 728 53 07 charly.keiser@zg.ch