Reussdammsanierung und ökologische Aufwertung

Reussdammsanierung

Hochwasserschutzdefizit
Das aus der Gefahrenanalyse bekannte Hochwasserschutzdefizit der Reussebene wurde insbesondere durch das Hochwasserereignis 2005 deutlich. Das bestehende, überalterte Dammbauwerk auf dem Abschnitt Reusshalde bis zur Sinserbrücke beim Weiler Zollhus in Hünenberg genügt den heutigen Sicherheitsanforderungen nicht, weder bezüglich Stabilität noch in Bezug auf die Abflusskapazität.

 

Ökologisches Defizit
Die Reuss stellt ein bedeutendes Element zur ökologischen Vernetzung von Lebensräumen verschiedener, gewässerbezogener Tier- und Pflanzenarten dar. Eingriffe am Gewässer aus dem letzten und vorletzten Jahrhundert veränderten die naturnahe Flusslandschaft erheblich. Die natürliche Flussdynamik wird heute durch den harten Uferverbau, die Einengung durch den Hochwasserschutzdamm und die damit verbundene Abkoppelung des Auenwaldes stark reduziert. In diesem monotonen Gerinne sind Ufererosionen und die Entstehung von verzweigten Wasserläufen und Auen nicht möglich.

 

Gesetzlicher Auftrag und Richtplan
Der Kanton ist für die Gewährleistung des Hochwasserschutzes zuständig. Bei jedem Eingriff an einem Gewässer verlangt das Gesetz gleichzeitig Massnahmen zur Behebung von ökologischen Defiziten (Art. 4 Bundesgesetz über den Wasserbau) und zur Wiederherstellung des natürlichen Verlaufs (Art. 37 Gewässerschutzgesetz). Der Auftrag zur Revitalisierung ist im kantonalen Richtplan behördenverbindlich verankert.

 

Nutzungskonflikte
Die Reussebene wird intensiv und vielfältig genutzt. Zu den wichtigsten Nutzungen, die auch in Konflikt zu einander und zu einem geplanten Hochwasserschutz und zu Revitalisierungsmassnahmen stehen können, gehören die Landwirtschaft, die Erholung, der Grundwasser-​ sowie der Natur-​ und Landschaftsschutz, inkl. Flora und Fauna (z.B. die Wildtierkorrridore).

 

Ziel
Die Reussebene soll vor einem Hochwasser, welches alle 50 bis 100 Jahre auftritt, geschützt sein. Mit der Erstellung des Hochwasserschutzes sollen ökologische Defizite behoben und die vielfältigen Nutzungsinteressen angemessen berücksichtigt werden.

Das Wasserbauprojekt beinhaltet die Sanierung des Hochwasserschutzdamms auf einer Länge von rund 3 km, eine Verbesserung der Erholungsnutzung und die ökologische Aufwertung der Reuss von der Reusshalde bis zur Sinserbrücke beim Weiler Zollhus in Hünenberg. Das Projekt weist folgende Kernelemente auf:

  • Dammsanierung über die gesamte Länge von der Reusshalde bis zur Sinserbrücke
  • Dammrückbau, Aufweitung und Uferaufwertung im Gebiet Reusshalde
  • Aufweitung und Reaktivierung des Auenwaldes mit Seitengerinne im Beugerank
  • Optimierung der Erholungsnutzung und Erholungsschwerpunkt im Beugerank
  • Uferaufwertung und Abflachung im Abschnitt Beugerank bis Sinserbrücke

Die Reuss wies ursprünglich einen verzweigten Lauf mit Kiesbänken, Flussinseln und Auen auf. Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte zwecks Landgewinnung die erste Reusskorrektion. Das wertvolle Nebengerinne im Beugerank verschwand und ein kleiner Damm, der im Beugerank noch hinter dem Auenwald verlief, wurde erstellt. Dieser Damm hielt den Hochwassern von 1910 und 1912 nicht stand. Die gesamte Reussebene wurde damals grossflächig überflutet. Ausgelöst durch diese Ereignisse, wurde das Dammbauwerk bis 1923 auf den heutigen Zustand mit Doppeltrapezprofil, hartem Uferverbau und begradigter Uferlinie ausgebaut. Im Beugerank wurde dabei der Damm auf die Reussseite verlegt und der Auenwald vollständig von der Reuss abgekoppelt. Durch die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung wurde dieses ehemalige Auengebiet bis in die 70er Jahre sukzessive verkleinert.

Neben den grossen Hochwassern von 1999 und 2007 schrieb in jüngerer Vergangenheit insbesondere das Hochwasser von 2005 Geschichte. Auch an der Reuss ereignete sich damals mit einer Abflussspitze von 840 m3/s das grösste Hochwasser seit Messbeginn. Im Gebiet Reusshalde wurde der Damm auf einer Länge von 50 Metern überströmt und die Böschung erodierte. Auf den übrigen Abschnitten war das Abflussgerinne praktisch bordvoll. Glücklicherweise hatte der Damm dieser Belastung standgehalten. Die Stabilität des Dammbauwerks war aber alarmierend und bis zu einem Versagen mit grossflächiger Überflutung der gesamten Reussebene fehlte nicht viel.

Schutzziel und Schutzwirkung des neuen Dammbauwerks
Die in der Reussebene zu schützenden Objekte (Wohnbauten, Landwirtschaftsflächen, Verkehrsanlagen, Betriebe, öffentliche Infrastrukturen) sind bis zu einem 50-​jährlichen Abfluss in der Reuss vollständig zu schützen. Das bedeutet, dass bis zu einem Abfluss, der im Durchschnitt alle 50 Jahre stattfindet, keine Hochwasserschäden eintreten. Bei selteneren Ereignissen nimmt die Wahrscheinlichkeit für Schäden sukzessive zu. Bei einem Hochwasser, welches im Durchschnitt alle 100 Jahre stattfindet, sind kleinere Schäden, zum Beispiel infolge Grundwasseraufstosses oder Rückstaus, nicht ausgeschlossen. Bei einem Hochwasser, welches im Durschnitt alle 300 Jahre stattfindet, ist ein Dammbruch und eine grossflächige Überflutung der gesamten Reussebene wahrscheinlich. Ein Hochwasser wie es 2005 eingetreten ist, wird mit dem neuen Dammbauwerk mit grosser Wahrscheinlichkeit zwar nicht schadlos, aber kontrolliert und ohne Dammversagen bewältigt.

 

Dammsanierung
Im Gebiet Reusshalde wird der Damm rückgebaut und der Dammanschluss an die Hangkante nach Norden verschoben. Im Beugerank wird der Damm hinter das bestehende Waldstück zurückversetzt. Auf den übrigen Abschnitten verläuft der Damm an bestehender Lage. Der heutige Damm wird auf seiner gesamten Länge leicht erhöht und gegen die Landseite verbreitert, damit er mit schweren Unterhalts-​ und Interventionsfahrzeugen befahren werden kann. Zur Erfüllung der Anforderungen bezüglich Stabilität, Dauerhaftigkeit und Unterhalt weist das sanierte Dammbauwerk beidseitig eine Böschungsneigung von 1:2 (27°) auf. Auf flachere Dammböschungen wurde zwecks Minimierung der Beanspruchung der landwirtschaftlich intensiv genutzten Ebene weitgehend verzichtet. Für die Dammfussentwässerung und zur Vermeidung eines gefährlichen Grundbruchs wird entlang des landseitigen Dammfusses ein kiesiger Auflastfilter erstellt.

 

Ökologische Aufwertung
Durch ein Abrücken des Damms weg von der Reuss im Naturschutzgebiet Reusshalde und im Beugerank werden zwei Aufweitungen geschaffen. Diese Massnahmen ermöglichen die Entstehung von zwei ökologisch wertvollen Auengebieten und eine Verbesserung der Gerinnedynamik in diesen Abschnitten. Im Beugerank entsteht in Anlehnung an den historischen Gewässerzustand ein permanent durchströmtes Seitengerinne mit einem Altarm und Flutmulden. Auf den übrigen Abschnitten sind ökologische Aufwertungen durch Rückbau des harten Uferverbaus, Uferstrukturierungen, Vorlandabflachungen und Buchten mit standortgerechter Ufervegetation vorgesehen.

Termine

Umweltverträglichkeitsprüfung 2023
Stellungnahme Bund 2024
Öffentliche Auflage 2024
Kantonsratsbeschluss 2024
Baustart Hauptarbeiten 2025
Bauende Hauptarbeiten offen

Kontakt

Dominik Peyer

Projektleiter / Stv. Abteilungsleiter

Aabachstrasse 5
6300 Zug

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