21.06.2018, Medienmitteilung

5. Zuger Gespräche: Sichere Medikation an Schnittstellen und Polymedikation

Der Einsatz von wirksamen Medikamenten stellt einen entscheidenden Beitrag für eine erfolgreiche Behandlung von Patientinnen und Patienten dar. Gleichzeitig ist die Einnahme von Medikamenten immer auch mit Risiken verbunden. Besondere Aufmerksamkeit ist dann geboten, wenn gleichzeitig mehrere Arzneimittel eingenommen werden. Mit diesem Thema befassten sich die diesjährigen «Zuger Gespräche», welche die Gesundheitsdirektion bereits zum fünften Mal organisierten und von den Leistungserbringern des Kantons erneut gut besucht wurden.

Die Möglichkeit, im Krankheitsfall auf sichere, qualitativ hochstehende und einfach verfügbare Medikamente zurückgreifen zu können, ist ein entscheidender Qualitätsfaktor im Gesundheitswesen. Gleichzeitig stellen unerwünschte Wirkungen bei Medikamenten ein nicht zu unterschätzendes Risiko dar. In besonderem Masse ist dann Vorsicht geboten, wenn eine Vielzahl an Medikamenten parallel eingenommen wird (Polymedikation). Denn dadurch erhöht sich das Risiko von unerwünschten Arzneimittelwirkungen, wodurch die Lebensqualität der Betroffenen ab- statt zunimmt und die Gesundheit der Patientinnen und Patienten manchmal auch ernsthaft gefährdet wird.

An den fünften «Zuger Gesprächen», die am 20. Juni 2018 an der Pädagogischen Hochschule Zug stattgefunden haben, erhielten die über 60 Anwesenden aus der Gesundheitsbranche Informationen aus der Forschung und Praxis, wie diese Problematik angegangen werden kann.

Polymedikation als tägliche Realität für ältere Personen

Laut einer Studie des Krankenversicherers Helsana nehmen über 65-jährige Personen in der Schweiz durchschnittlich mehr als fünf Medikamente gleichzeitig ein. Noch markanter zeigt sich die Problematik bei Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen, wo es durchschnittlich sogar über neun Medikamente täglich sind. Überall wo Patientinnen und Patienten mehrere Arzneimittel einnehmen, ist eine erhöhte Sensibilität der Ärztinnen und Ärzte, aber auch des Pflegepersonals notwendig. Denn die Kombination von verschiedenen Medikamenten kann zu Wechselwirkungen führen, die ein erhebliches Risiko für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Patientinnen und Patienten darstellen.

Reduktion oftmals möglich

Dr. med. Stefan Neuner-Jehle , der sich als Leiter Chronic Care beim Institut für Hausarztmedizin der Universität Zürich intensiv mit dem Thema Polymedikation beschäftigt, stellte übergeordnete Strategien vor, welche zur Verhinderung von Risiken bei Polymedikation angewandt werden können. Neuner-Jehle sprach aber auch in seiner Rolle als Haus- und Heimarzt im Kanton Zug. In dieser Funktion besucht er regelmässig auch Pflegeheime im Kanton Zug, um die Medikation seiner Patientinnen und Patienten dort zu überprüfen. «Unsere Erfahrungen zeigen dabei, dass im Durchschnitt mindestens eines von acht Medikamenten reduziert werden kann», so Neuner-Jehle.

Sichere Medikation an Schnittstellen

Neben den Pflegeheimen gilt es auch bei Schnittstellen – also Übergängen von einem Behandlungssektor in den nächsten – ein besonderes Augenmerk auf die Medikation zu legen. Spitaleintritte und -austritte sind besonders riskante Momente, in welchen es regelmässig zu unbeabsichtigten Medikationsfehlern kommt. Um diese verhindern zu können, ist ein systematischer Medikationsabgleich entscheidend. Das Zuger Kantonsspital zeigt in diesem Bereich grosses Engagement. 2015 bis 2017 hat es als Pilotspital am Projekt «progress! Sichere Medikation an Schnittstellen» von Patientensicherheit Schweiz teilgenommen und die Prozesse anschliessend im eigenen Routinebetrieb umgesetzt. «Durch eine lückenlose Dokumentation aller Medikamente, vom Spitaleintritt bis zum -austritt, wird die Sicherheit der Patientinnen und Patienten gefördert und gleichzeitig die Arbeit des medizinischen Personals vereinfacht. Dabei arbeiten die involvierten Fachdisziplinen Hand in Hand zum Wohle und zur Sicherheit der Patientinnen und Patienten.», fasst Nadine Amsler, stv. Leiterin Spitalpharmazie des Zuger Kantonsspital ihre Erfahrungen zusammen.

Digitale Hilfsmittel für neue Lösungen

Ein Ansatz, um die Problematik der Polymedikation besser in den Griff zu bekommen, bieten neue digitale Hilfsmittel. Apps für Smartphones oder Tablets helfen dabei einerseits den Patientinnen und Patienten, indem sie diese an die Einnahme der Medikamente erinnern. Andererseits können diese Anwendungen auch für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte sowie das Pflegepersonal hilfreich sein, da ein Überblick über alle eingenommenen Medikamente geboten werden kann. So wird das Risiko von unerwünschten Wechselwirkungen minimiert. Weitere Verbesserungen sind hier durch das elektronische Patientendossier (EPD) zu erwarten, das im Verlauf der kommenden Jahre eingeführt wird. Dadurch wissen alle an einer Behandlung beteiligten Gesundheitsfachpersonen stets, welche Medikamente eine Patientin oder ein Patient einnimmt und gefährliche Arzneimittelwirkungen können schneller erkannt werden.

Neben dem Gespräch mit den Hausärztinnen und Hausärzten besteht mit dem Polymedikations-Check bereits heute eine Möglichkeit für Patientinnen und Patienten, durch Apothekerinnen und Apotheker ihre Medikamente überprüfen zu lassen.

Positive Bilanz

Gesundheitsdirektor und Gastgeber Martin Pfister zog eine sehr positive Bilanz der diesjährigen Ausgabe der «Zuger Gespräche»: «Der Anlass hat auf ein Problem aufmerksam gemacht, dass oftmals etwas vergessen gerät: Dass ein Zuviel an Medikamenten ein Risiko darstellen kann. Gleichzeitig wurden konkrete und praxistaugliche Wege aufgezeigt, wie diese Thematik angegangen werden kann», fasst Pfister zusammen. «Die Leistungserbringer haben positive Beispiele kennen gelernt, die sie nun in den Alltag mitnehmen und selbst anwenden können», fügt Pfister an.

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Martin Pfister

Gesundheitsdirektor
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