31.01.2014, Medienmitteilung

Kanton Zug ‒ Perlen mittelalterlicher Baukunst

Das bedeutendste Baudenkmal der Spätgotik in der Zentralschweiz ist die Stadtzuger St.-Oswalds-Kirche. Sie ist bei der Bevölkerung sowohl als Baudenkmal und als Gotteshaus bekannt. Im Kanton Zug stehen auch Wohnbauten, die so alt sind wie die St.-Oswalds- Kirche. Dabei handelt es sich meist um Blockbauten. Obwohl sie unsere voralpine Kulturlandschaft prägen, sind die historischen Häuser mancherorts vom Abbruch bedroht.

Die Archäologin Anette Bieri und der Kunsthistoriker Thomas Brunner haben sich in mehrjährigen Forschungsprojekten an der Uni Zürich mit den ländlichen Wohnbauten im Kanton Zug und der Baugeschichte der Zuger Stadtkirche befasst. Ihre Forschungsergebnisse liegen jetzt vor.

St.-Oswalds-Kirche ‒ ein Schmuckstück

«Wer kennt sie nicht, die Kirche St. Oswald? Sie gehört zu Zug und ist Teil unserer Stadt und unserer Identität.», so Regierungsrätin Manuela Weichelt-Picard. "Ich bin fasziniert von ihrer Ausstrahlung, ihrer besonderen Architektur und Geschichte. Die Fratzen und Figuren zeigen handwerkliches Geschick und grosse künstlerische Ausdruckskraft." Die ausgezeichnet erhaltene Bausubstanz, der reiche Figurenschmuck und die immer noch vorhandenen Bauakten machen die Kirche zu einer einmaligen Zeugin der Vergangenheit.

Der Priester Johannes Eberhart initiierte 1478 den Bau und holte als Architekten den Bayern Hans Felder, damals Baumeister der Stadt Luzern. Zug war zu jener Zeit eine grosse Baustelle. Die Stadt begann in derselben Zeit mit dem Bau einer neuen Ringmauer beim Postplatz. In den folgenden fünfzig Jahren wurden mehr als zwanzig Kirchen im Kanton neu erbaut oder umgebaut. Erstmals wird nun das wohl bekannteste Baudenkmal der Stadt Zug umfassend beschrieben und gewürdigt.

Blockbauten ‒ Zeugen des spätmittelalterlichen Alltags

Bei den historischen Blockbauten handelt es sich um zweigeschossige Wohnhäuser, die aus sorgfältig bearbeiteten Vierkanthölzern gezimmert wurden. Die Häuser sind in einen vorderen Wohn- und einen hinteren Hauswirtschaftsteil unterteilt. Im Wohnteil befanden sich Stube und Kammern, im Wirtschaftsteil neben anderem eine bis unter das Dach offene Rauchküche

Die Blockbauten prägen die Kulturlandschaft der Zentralschweizer Voralpen. Seit rund dreissig Jahren werden sie im Kanton Zug durch das Amt für Denkmalpflege und Archäologie der Direktion des Innern erforscht. Wenn historische Bauwerke tiefgreifend umgebaut oder gar abgerochen werden, legen Fachleute den alten Baubestand frei, dokumentieren diesen und datieren die Hölzer anhand der Jahrringe. Der Schweizerische Nationalfonds unterstützte ein Forschungsprojekt an der Uni Zürich über die Zuger Holzbauten. Dabei entstand die erste umfassende Darstellung der Zuger Blockbauten. Dank der Untersuchungen zeigt sich, dass einige dieser ländlichen Wohnbauten mehr als 500 Jahre alt sind. Blockbauten waren keineswegs ausschliesslich Bauernhäuser, sondern auch Wirtshäuser und Wohnbauten der Oberschicht.

Gefährdete Baudenkmäler

Die St.-Oswalds-Kirche vertritt im Gegensatz zu den Blockbauten die «hohe Baukunst», die sich vor allem in den Städten entfaltet hat. Bei derartigen Bauwerken ist die Bedeutung denk- malpflegeischer Arbeit unumstritten. Dieses Selbstverständnis gilt leider für viele Wohnbauten nicht. «Im Kanton Zug haben wir die besondere Situation, dass viele Blockbauten bereits abgerissen wurden oder Pläne entstehen, die ihre Existenz bedrohen. Solche kulturell bedeutenden Bauten werden in anderen Kantonen zunehmend selbstverständlich gehegt und gepflegt.», bedauert Regierungsrätin Manuela Weichelt-Picard.

Die Dörfer und Höfe im Ägerital, im Berggebiet von Menzingen, Neuheim, Baar und Zug, in Walchwil und in Risch sind von einem rasanten Wandel betroffen. Manche Eigentümerinnen und Eigentümer schätzen und pflegen ihre Häuser, weil diese Werte wie Tradition oder Nachhaltigkeit vermitteln und in jedem Fall einzigartig sind. Die gelungenen Restaurierungen, welche das Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug betreut hat, sind für unsere Ortsbilder von unschätzbarem Wert.

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v.L.n.R.: Regierungsrätin Manuela Weichelt-Picard, Edgar und Ursula Mahler-Henggeler und die Archäologin Anette Bieri. Familie Mahler aus Unterägeri hat ihr Haus, welches bereits 1510 errichtet wurde vor fünf Jahren restauriert. (© ADA Zug)

Kontakt

Anette JeanRichrad

Co-Abteilungsleiterin Bauforschung und Mittelalterarchäologie
Direktion des Innern

+41 41 728 28 65 anette.jeanrichard@zg.ch