16.12.2024, Medienmitteilung
Zuger Kunstschaffende mit Atelierstipendien ausgezeichnet
Die Kulturkommission des Kantons Zug vergibt je ein Reisestipendium «Atelier Flex» an Laura Küng und Can Etterlin. Ein dreiwöchiger Aufenthalt im Zentralschweizer Atelier in Wien 2025 wird Samantha Heller zugesprochen. Atelierstipendien in Berlin 2026 gehen an Dimitri Horta, George Francis Marti und Nora Nussbaumer. Ein viermonatiger Aufenthalt im Zentralschweizer Atelier in New York 2026 wird Geraldine Heller zugesprochen.
Die Atelierstipendien in Berlin, Wien und New York erlauben Künstlerinnen und Künstlern, sich in einem städtisch lebendigen Umfeld und in einer stimulierenden Atmosphäre intensiv einem Projekt oder dem freien künstlerischen Schaffen widmen zu können. Das «Atelier Flex» ist nicht an ein existierendes Atelier gebunden, sondern ermöglicht als Reisestipendium ortsspezifische Projekte zu realisieren. Alle Ateliers bieten den Stipendiatinnen und Stipendiaten die Möglichkeit, während mehrerer Wochen oder Monate aus dem vertrauten Umfeld herauszutreten, sich dem internationalen Vergleich zu stellen und besonders im Hinblick auf den weiteren Verlauf ihrer Karrieren Kontakte zu knüpfen.
Die Zuger Ateliers
Der Kanton Zug unterhält seit Oktober 1997 ein Wohnatelier in Berlin und vergibt dieses für mehrmonatige Aufenthalte (4–6 Monate). Zur Förderung von Kunstschaffenden aller Sparten unterhalten die Zentralschweizer Kantone Schwyz, Uri, Nidwalden, Obwalden und Zug seit März 2000 gemeinsam ein Wohnatelier in New York. Ausserdem können sich seit 2013 professionelle Zuger Kunstschaffende aller Sparten um ein Reisestipendium «Atelier Flex» bewerben. Seit 2024 besteht für Zuger Kulturschaffende alle 2 Jahre die Möglichkeit, drei Wochen im Zentralschweizer Atelier in Wien zu verbringen. Alle Ateliers werden aus dem Lotteriefonds finanziert.
Prüfung durch Kulturkommission
2024 sind insgesamt 29 Bewerbungen für die Zuger Atelierstipendien eingegangen. Die kantonale Kulturkommission hat die Dossiers geprüft und die Atelierplätze an folgende Zuger Kunstschaffende vergeben:
Atelier Berlin
Der bildende Künstler Dimitri Horta (*1979) hat das Tagebuch seiner Grossmutter gefunden, welche während des Zweiten Weltkriegs aus Berlin flüchten musste. Er möchte nun einen neuen Schaffenszyklus beginnen, der sich mit den fehlenden Stellen im Tagebuch auseinandersetzt. Er wird ihre Geschichte neu interpretieren, sie in einen grösseren historischen Kontext einbetten und gleichzeitig eine Brücke zur Gegenwart schlagen. Dabei geht es ihm auch um die Erforschung von Themen wie Erinnerung, Trauma und Resilienz, die auch in der heutigen Zeit von grosser Relevanz sind.
Der Musiker Georg Francis Marti (*1993) entwickelt in Berlin ein Projekt, welches den Dialog zwischen verschiedenen musikalischen Kulturen fördert und sowohl die Posaune als auch die Klarinette als Ausdrucksmittel in den Vordergrund stellt. Die Kombination dieser beiden Instrumente erlaubt es ihm, vielfältige Klangwelten zu erschaffen und unterschiedliche Facetten der zeitgenössischen Musik und anderer Stilrichtungen zu erkunden – von lyrischen, melodischen Linien bis hin zu rhythmisch komplexen und experimentellen Klangstrukturen. Darüber hinaus möchte er die Chance nutzen, mit anderen Künstlerinnen und Künstlern in Berlin zu kooperieren, um innovative Projekte zu realisieren.
Das Atelierstipendium in Berlin ermöglicht es der bildenden Künstlerin Nora Nussbaumer (*1986), sich voll und ganz auf ihre Arbeit als Künstlerin fokussieren zu können und sich als solche weiterzuentwickeln. Das fremde Berlin ist eine riesige Quelle der Inspiration und Motivation. Von Themen der Permakultur, zu HipHop, bis hin zu Still life-Aufnahmen der Stadt und Porträts. Auch Film und Ton wird eine Rolle spielen. Berlin ist ausserdem reich an Geschichte und Vielfalt. In Berlin sucht sie auch den Austausch mit anderen Kunstschaffenden und baut ein Netzwerk auf. Die entstandenen Arbeiten werden in Form eines Buches und einer Ausstellung vorgestellt.
Atelier Flex
Die bildende Künstlerin Laura Küng (*1987) versucht mit ihrer Kunst der Gesellschaft etwas entgegenzusetzen, neue Perspektiven und Wahrnehmungen zu entwickeln und diese für die Betrachtenden zugänglich zu machen. Durch das «Atelier Flex» in Brasilien erhofft sie sich mit Hilfe feministischer Ethiken der Fürsorge, künstlerischem Schaffen und diskursiven Formaten, diskriminierende Narrative in Frage zu stellen und gemeinsam mit anderen Künstlerinnen und Künstlern Gegenentwürfe auszuloten. Ihre Tochter wird mit ihr nach Brasilien reisen und ist Teil von ihrem gemeinsamen künstlerischen Schaffen. In Brasilien möchte sie ein transkulturelles Netzwerk mit caregebundenen Künstlerinnen und Künstlern aufbauen.
Das Atelier Flex ermöglicht es dem Musiker Can Etterlin (*1996), seine künstlerische Praxis und persönliche Identitätssuche zu vereinen. Er möchte durch das Reisestipendium und den daraus entstehenden künstlerischen Projekten dem Westen aufzeigen, wie krass sein von negativen Vorurteilen belastetes Bild Mesopotamiens von der tatsächlichen Realität abweicht. Er möchte zeigen, wie absurd es ist, dass der Ursprung der ersten Hochkulturen von jahrelangem Krieg und Ausbeutung systematisch geschwächt wurde und trotzdem seine Schönheit und Einzigartigkeit nie verlor.
Atelier New York
Die gestalterische Arbeit von Geraldine Heller (*1994) umfasst ein multidisziplinäres Spektrum. Ihre künstlerische Praxis befindet sich an der Schnittstelle von Fotografie und Objekt. Sie fängt Momente und Situationen ein, die so alltäglich und unscheinbar wirken und stellt sie mit neuem Blickwinkel dar. Die Fotografie im öffentlichen Raum soll für sie Ausgangslage und Input für ihr kommendes Projekt sein. Sie möchte die vielen Menschen und das rege Geschehen auf den Strassen New Yorks beobachten und festhalten. Mit den entstandenen Momentaufnahmen der Fotografie möchte sie spielen und sie wiederum im öffentlichen Raum platzieren – installativ, plakatierend oder etwas Neues, auf die Stimmung reagierendes.
Atelier Wien
In Wien möchte die bildende Künstlerin Samantha Heller (*1986) das Thema der kreativen Freiheit im Kontext von Künstlicher Intelligenz weiter vertiefen und ein künstlerisches Projekt realisieren, das sich mit der digitalen Neuinterpretation klassischer Wiener Kunstwerke sowie dem öffentlichen Raum befasst. Mit Hilfe von verschiedenen bildgebenden KIs und selbst erstellten Fotos oder gesammelten Kunstsouvenirs wird sie bekannte Werke der Wiener Museumslandschaft in einem mehrstufigen Prozess überarbeiten, abstrahieren, verfremden und Remixen, sodass am Ende nur noch eine Verwandtschaft zu spüren ist. Durch diesen schrittweisen Transformationsprozess verfremdet sie die Werke und setzt sich gleichzeitig mit den Urheberrechten historischer Werke sowie einer Kultur des Kooperierens und Neuverbindens auseinander.