Vor dem Prozess – Schlichtung
Bevor Sie mit einer zivilrechtlichen Streitigkeit ans Kantonsgericht gelangen können, ist in der Regel zunächst ein Schlichtungsverfahren nötig. Auf dieser Seite finden Sie nützliche Informationen rund um das Thema.
Wann ist ein Schlichtungsverfahren nötig?
Grundsätzlich ist ein vorgängiges Schlichtungsverfahren in allen Streitsachen des Zivilrechts Pflicht. Dies gilt namentlich für arbeitsrechtliche und mietrechtliche Streitigkeiten, aber auch für gewöhnliche Forderungsstreitigkeiten, d. h. Streitigkeiten über die Bezahlung von Geld.
Diejenigen Fälle, in denen ausnahmsweise kein Schlichtungsverfahren durchlaufen werden muss, sind in Art. 198 Zivilprozessordnung (ZPO) aufgezählt. Zu den Ausnahmefällen gehören insbesondere das Scheidungsverfahren, aber auch alle Streitigkeiten, die im summarischen Verfahren entschieden werden, darunter Eheschutz- und Rechtsöffnungsverfahren.
Hat die beklagte Partei ihren Wohnsitz im Ausland oder kann die klagende Partei deren Aufenthaltsort trotz entsprechender Nachforschungen nicht in Erfahrung bringen, so kann die klagende Partei ebenfalls direkt mit ihrer Klage an das Gericht gelangen. Dasselbe gilt für Streitigkeiten nach Gleichstellungsgesetz.
Bei bedeutenden Verfahren mit einem Streitwert von über
100’000 Franken können die Parteien schliesslich gemeinsam auf die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens verzichten.
Welche Schlichtungsbehörde ist zuständig?
Im Kanton Zug sind üblicherweise die Friedensrichterinnen und Friedensrichter der einzelnen Gemeinden als Schlichtungsbehörde im Sinne von Art. 197 ZPO tätig. Die örtliche Zuständigkeit hängt von der Art der Streitigkeit ab und richtet sich nach Art. 9–46 ZPO. Ganz grundsätzlich kann aber gesagt werden, dass in der Regel das Friedensrichteramt am Wohn- oder Geschäftssitz der beklagten Partei zuständig ist.
Besondere Schlichtungsbehörden bestehen für miet- und arbeitsrechtliche Streitigkeiten:
Die Schlichtungsbehörde Arbeitsrecht ist zuständig für alle Streitigkeiten aus einem Arbeitsvertrag gemäss Schweizerischem Obligationenrecht (OR) sowie für alle Streitigkeiten nach dem Gleichstellungsgesetz.
Demgegenüber werden Streitigkeiten aus Miet- oder Pachtverträgen von der Schlichtungsbehörde Miet- und Pachtrecht geschlichtet. Diese setzt sich stets aus einem oder einer Vorsitzenden und je einem Mieter- sowie einem Vermietervertreter zusammen.
Grundsätze und Ablauf des Schlichtungsverfahrens
Wer ein Schlichtungsverfahren einleiten möchte, schickt ein entsprechendes Schlichtungsgesuch an das zuständige Friedensrichteramt bzw. an die zuständige Schlichtungsbehörde. In der Regel erfolgt dies schriftlich per eingeschriebenem Brief und ist in diesem Fall handschriftlich zu unterzeichnen. Weiter ist zu beachten, dass das Schlichtungsgesuch samt allfälliger Beilagen in genügender Anzahl einzureichen ist, d. h. in einem Exemplar für den/die Friedensrichter/in bzw. die Schlichtungsbehörde und für jede Gegenpartei.
Inhaltlich muss das Schlichtungsgesuch mindestens die Bezeichnung der Gegenpartei, ein Rechtsbegehren (eine genaue Bezeichnung dessen, was die klagende Partei mithilfe des Gerichtsverfahrens erreichen möchte) und eine Umschreibung des Streitgegenstands enthalten. Das Schlichtungsgesuch muss nicht zwingend begründet werden. Grundsätzlich kann die klagende Partei ihr Anliegen auch erst mündlich an der Schlichtungsverhandlung erläutern. Dennoch kann es ratsam sein, das Problem bereits im Schlichtungsgesuch kurz zu erläutern, weil dies dem/der Friedensrichter/in bzw. der Schlichtungsbehörde die Vorbereitung der Verhandlung erleichtert.
Ist das Schlichtungsgesuch in formeller Hinsicht korrekt, wird üblicherweise innert zwei Monaten seit Eingang des Gesuchs eine Schlichtungsverhandlung angesetzt. Die Parteien müssen zu dieser Verhandlung persönlich erscheinen. Die Ausnahmen sind in Art. 204
Abs. 3 ZPO geregelt. Erscheint die klagende Partei unentschuldigt nicht, so gilt das Schlichtungsgesuch als zurückgezogen.
An der Schlichtungsverhandlung versucht der/die Friedensrichter/in bzw. die Schlichtungsbehörde, zwischen den Parteien eine Einigung herbeizuführen. Dazu werden zunächst beide Parteien angehört, und auch die vorhandenen Beweismittel können vorgelegt werden. Damit mögliche Lösungen frei erörtert werden können, ist alles, was im Rahmen einer Schlichtungsverhandlung gesagt wird, vertraulich und wird nicht protokolliert. Aussagen der Parteien, die im Schlichtungsverfahren gemacht werden, dürfen auch in einem späteren Gerichtsverfahren nicht verwendet werden. Die Schlichtungsverhandlung ist nicht öffentlich. Drittpersonen ist es daher grundsätzlich nicht erlaubt, an der Verhandlung teilzunehmen. Die Parteien dürfen sich jedoch von einem Rechtsbeistand oder einer Vertrauensperson begleiten lassen.
Falls eine Einigung nicht gelingt, stellt der/die Friedensrichter/in oder die Schlichtungsbehörde in der Regel die sogenannte Klagebewilligung aus. Dabei handelt es sich um ein Dokument, das die klagende Partei während dreier Monate zur Klage an das zuständige Gericht berechtigt.
Geht es um eine Streitigkeit mit einem Streitwert bis zu
5000 Franken, so kann der/die Friedensrichter/in oder die Schlichtungsbehörde den Parteien auch einen Urteilsvorschlag unterbreiten. Dasselbe gilt, wenn es sich um eine Streitigkeit nach Gleichstellungsgesetz handelt oder wenn es um die Hinterlegung von Miet- und Pachtzinsen, um den Schutz vor missbräuchlichen Miet- und Pachtzinsen, um die Anfechtung einer Miet- oder Pachtkündigung oder um die Erstreckung des Miet- oder Pachtverhältnisses geht. Der Urteilsvorschlag wird verbindlich, wenn ihn keine der Parteien innert 20 Tagen seit der Zustellung ablehnt.
Beträgt der Streitwert maximal 2000 Franken, kann der/die Friedensrichter/in oder die Schlichtungsbehörde auch direkt einen Entscheid fällen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die klagende Partei einen entsprechenden Antrag gestellt hat.
Besonderheiten im Schlichtungsverfahren Miet- und Pachtrecht
Vor der Schlichtungsbehörde Miet- und Pachtrecht gelten zum Teil besondere Verfahrensbestimmungen. Zudem bietet der Kanton der Bevölkerung unentgeltliche Beratung zu Fragen des Mietrechts und zur landwirtschaftlichen Pacht an.
Unter den nachfolgenden Links finden Sie weitergehende Informationen dazu sowie Antworten auf die häufigsten Fragen zum Mietrecht.
Kosten des Schlichtungsverfahrens
Die Höhe der Gebühr für das Schlichtungsverfahren richtet sich nach der Verordnung des Obergerichts Zug über die Kosten in der Zivil- und Strafrechtspflege (KoV OG) und ist vom Streitwert abhängig. Den Tarif können Sie der untenstehenden Tabelle entnehmen.
Für einen Entscheid oder einen Urteilsvorschlag kann ein Zuschlag von 100 bis 500 Franken erhoben werden.
In einigen vom Gesetz bestimmten Fällen ist das Schlichtungsverfahren kostenlos. Dazu gehören insbesondere sämtliche Streitigkeiten aus der Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen sowie Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von 30’000 Franken. Eine abschliessende Aufzählung finden Sie in den Art. 113 Abs. 2 und 114 ZPO.
Im Schlichtungsverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Streitwert in Franken | Gebühr in Franken |
---|---|
bis und mit 1000.– | 50.– bis 250.– |
über 1000.– bis und mit 10’000.– | 200.– bis 400.– |
über 10’000.– bis und mit 100’000.– | 300.– bis 600.– |
über 100’000.– | 500.– bis 1200.– |
in Prozessen ohne bestimmten Streitwert | 100.– bis 800.– |
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